Berliner Arbeiten zur Bibliothekswissenschaft, Bd. 7
"Welch ein Buch! Ich gehöre noch zu jener Generation Übersetzer, die ihr Handwerk nicht studieren konnten und nur mit einem allgemeinbildenden Schulwissen ausgerüstete sich mit Begeisterung in das Abenteuer des Übersetzens stürzte. Regina Peeters Buch hält uns nun vor Augen, und zwar auf über 500 engbeschriebenen pages, was man alles hätte wissen müssen, und was man sich als Anfänger teils mühsam, teils aber auch unbewusst durch "learning by doing" beigebracht hat. Die Autorin dürfte alles gelesen haben, was über das Übersetzen je geschrieben wurde. Und sie hat es verstanden, die Fülle des Materials übersichtlich zu gliedern und in eine wissenschaftliche Ordnung zu zwängen auf ähnliche Weise, wie sie die Bücher in einer Bibliothek geordnet hat." Cristiane Körner in: Übersetzen, 01/08, S.12
Inhalt:
Jedes Lesen, jedes Schreiben ist Übersetzung. Und doch weiß man von der Arbeit der literarischen Übersetzer, ihren Methoden und Strategien erstaunlich wenig. Erstmalig typisiert und kategorisiert eine Studie Recherchebedürfnisse von Literaturübersetzern.
Ziel dieser Arbeit, die interdisziplinär ausgerichtet ist und auf der Grenze zwischen Bibliotheks- und Übersetzungswissenschaft situiert, ist die Analyse der Fragestellungen literarischer Übersetzer und damit ihrer Informationsbedürfnisse sowie die Kennzeichnung jener Ressourcen, die zur Schließung vor allem sachlich-inhaltlicher Informationslücken herangezogen werden können. Durch die bessere Kenntnis der realen Benutzungssituation sollen Maßstäbe für die Gestaltung eines Bibliotheksbestands für diese spezifische Zielgruppe entwickelt werden.
Damit liegt der Schwerpunkt dieser Studie auf der Analyse der Anlässe für die Benutzung von Informationsmitteln durch Literaturübersetzer und ihres Benutzungsziels, also auf der Untersuchung dessen, was Übersetzern innerhalb der Recherche tagtäglich Kopfzerbrechen bereiten kann.
Eine Rechercheanalyse zeitgenössischer deutscher und angloamerikanischer Werke (u.a. von Günter Grass, Christian Kracht, Sten Nadolny, Brad Gooch und E. Annie Proulx) zeigt anschaulich, daß die Informationsbedürfnisse von Literaturübersetzern überaus vielfältig sind, sich auf die unterschiedlichsten Fachgebiete und Sprachen beziehen und verschiedenste Themen aufgreifen können.
Teils umfangreich und komplex, teils extrem punktuell, mögen diese Fragestellungen dem Laien mitunter sogar banal erscheinen. Im Gegensatz zu traditionellen Bibliotheksbenutzern ist Übersetzern nicht am Erkenntnisgewinn in einem spezifischen Fachgebiet gelegen, sie haben keine konstanten Forschungsinteressen.
Die Untersuchung weist nach, dass die Maßstäbe der Recherche allein die vom Ausgangstext aufgeworfenen Informationsbedürfnisse vorgeben. Diese reichen vom Auflösen von Abkürzungen über das Verifizieren biographischer, bibliographischer und geographischer Angaben bis hin zur Einarbeitung in fachsprachliche Wortfelder, Dialekte und Soziolekte oder in Fachgebiete wie Zoologie, Kunst oder Schiffahrtswesen. Der Umfang des vom Übersetzer benötigten Wissens ist somit nicht vorhersehbar und weder im Hinblick auf die Sprache noch auf zeitliche oder thematische Bezüge eingrenzbar.
Neben der praxisnahen Darstellung dieser Problematik werden durch eine ausführliche Beispieldiskussion exemplarisch übergreifende Kriterien für verschiedene Informationsmittelgattungen und Informationsmitteltypen erarbeitet und deren thematisches, sprachliches und zeitliches Spektrum sowie die Vielfalt der Recherchemöglichkeiten veranschaulicht.
Es wurde angestrebt, vor allem Praktiker zum Thema Übersetzer als Hilfsmittelbenutzungstyp zu Wort kommen zu lassen. Die zahlreichen Selbstauskünfte lassen sich auch als Ansätze zu einer Poetik der Literaturübersetzung lesen.
Die Entwicklungen der neuen Technologien sind ausdrücklich in die Rechercheanalyse und Beispieldiskussion einbezogen. Ein separates Kapitel stellt die Möglichkeiten des Internets als Rechercheinstrument für Übersetzer dar. Der unmittelbare Einblick, den die Verfasserin durch ihre Arbeit im Europäischen Übersetzer-Kollegium in Straelen in die konkrete übersetzerische Praxis nehmen konnte, ließ sich vor allem bei der Auswahl der Recherchebeispiele nutzen.
Inhalt:
Nach einem Überblick über das Selbstverständnis der Literaturübersetzer (Kapitel 2) und der Begriffsbestimmung von Text sowie von Textproduktion und Textrezeption (Kapitel 3) werden im Zusammenhang mit der Analyse der Anforderungen an die übersetzerische Sprachkompetenz (Kapitel 4) und Sachkompetenz (Kapitel 5) die übersetzerische Recherche (Kapitel 6) sowie Recherchemethoden (Kapitel 7) dargestellt. Mögliche Informationsbedürfnisse literarischer Übersetzer untersucht die Rechercheanalyse (Kapitel 8), detailliert dokumentiert im Anhang auf der beiliegenden CD-ROM (Anhang 1-19). In Kapitel 9 bis 12 werden Maßstäbe für den Bestandsaufbau einer übersetzerspezifischen Bibliothek, die aus den Ergebnissen der Rechercheanalyse resultieren, diskutiert. Der Schlußteil (Kapitel 13) analysiert Einsatzmöglichkeiten digitaler Medien bei der Recherche.
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