(1.) Die Stiftungen bewegen sich neben ihrer bildungspolitischen Inlandsarbeit im außenpolitischen Institutionengefüge der Bundesrepublik Deutschland. Ihre internationalen Aktivitäten werden nahezu vollständig durch staatliche Zuschüsse subventioniert, wodurch sie (mäßiger) staatlicher Kontrolle unterliegen; allerdings sind sie in ihrer Arbeit, der Wahl sowie der Durchführung ihrer Projekte relativ eigenständig.
(2.) Ihre parteiideologische Ausrichtung ist Voraussetzung für die öffentliche Finanzierung, sie müssen sich gleichzeitig jedoch parteifern gerieren, um finanzielle Zuwendungen zu erhalten.
(3.) Sie weisen Merkmale international agierender Nichtregierungsorganisationen auf, die sie in die Nähe der zivilgesellschaftlichen Sphäre rücken. Ausgehend von der traditionellen, dichotomen Unterscheidung von Staat und (Zivil-)Gesellschaft, erscheinen die Stiftungen somit als ambivalente bzw. hybride Organisationen.
Vor diesem Hintergrund beleuchtet die vorliegende Untersuchung den internationalen Arbeitsbereich der deutschen parteinahen politischen Stiftungen, also ihr Handeln mit auswärtigem Bezug. Die Analyse konzentriert sich auf die Veränderungen des internationalen Tätigkeitsfeldes und die daraus resultierende Rolle der Stiftungen in der Weltgesellschaft. Das spezifische Interesse richtet sich hierbei auf ihr Engagement in den Handlungszusammenhängen der organisierten Zivilgesellschaft.
Auf der Folie der Globalisierungsprozesse, durch die auch Rolle und Funktion von Nationalstaaten sowie politischer Institutionen und gesellschaftlicher Organisationen Veränderungen unterworfen sind, wird in dieser Untersuchung der Frage nach der veränderten Rolle der deutschen Parteistiftungen im politischen System (der Bundesrepublik Deutschland) und in der (Welt-)Zivilgesellschaft seit den 1990er Jahren nachgegangen. Damit schließt das Thema an die sozialwissenschaftliche Debatte über den Politikbegriff an. Die vorliegende Arbeit basiert auf der Annahme, daß sich die institutionellen Grenzen von Politik im Zuge grenzüberschreitender und weltumspannender Prozesse verschieben und sich damit auch die Rollenerwartungen an die deutschen parteinahen Stiftungen neu formieren.
Die in der Studie aufgezeigte Aufgabenerweiterung der internationalen Arbeit von Parteistiftungen weist auf einen komplementären Charakter ihrer Entwicklung hin: Ihre traditionellen Leistungen wurden bisher mitnichten verdrängt; es ist vielmehr der Fall, daß die Funktion für die deutsche Außen- und Entwicklungspolitik in der globalen Gesellschaft eine zusätzliche Relevanz gewinnt. Von jeher haben Parteistiftungen einen Beitrag zur Verwirklichung außenpolitischer Zielsetzungen geleistet. Doch im Zuge von Entgrenzungsprozessen verändert sich die Außen- und Entwicklungspolitik; dementsprechend unterliegen auch die außen- und entwicklungspolitischen Beiträge der Stiftungen diesen Veränderungen. Die Stiftungen erweitern nunmehr nicht nur Einflussmöglichkeiten deutscher Außenpolitik, sondern ihre Beiträge gewinnen im Rahmen ihres internationalen Engagements einen neuen funktionalen Bezug. Ihre auswärtige Tätigkeit beschränkt sich zunehmend nicht mehr auf die traditionelle Funktionsbedienung für den deutschen Staat, sondern erweitert sich um einen Beitrag zur Weltzivilgesellschaft und damit implizit zur World Governance. Die gesellschaftlichen Funktionen der parteinahen Stiftungen werden u.a. am Beispiel der internationalen Projektarbeit bzw. Tätigkeit mit internationalem Bezug der FES dargelegt und damit verdeutlicht, in welchem Aufgabenspektrum und Spannungsfeld sich eine einzelne Stiftung bewegt. Am Beispiel des Engagements der deutschen parteinahen Stiftungen im Rahmen des Kopenhagener Weltsozialgipfels zeigt die Untersuchung, in welcher Form sich eine Parteistiftung in nicht-staatliche, zivilgesellschaftliche Kommunikationszusammenhänge begibt und gleichzeitig die Funktion der Ergänzung deutscher Außen- und Entwicklungspolitik erfüllt. Parteistiftungen nehmen als Grenzgänger zwischen Staaten- und Gesellschaftswelt eine Vermittlungsfunktion zwischen beiden wahr; weitere funktionelle Bezüge werden erläutert.
Parteistiftungen werden in dieser Studie als Teil eines pluralen Stiftungsgesamts betrachtet: Sie sind aufgrund ihres besonderen Status als eine Parteistiftung unter anderen in der Lage unterschiedliche Rollen zu spielen. Das Handeln der einzelnen Stiftungen ist erst im Rahmen des Gesamtzusammenhangs, d.h. auch bedingt durch die Arbeitsteilung zwischen regierungsnahen und oppositionsnahen Stiftungen möglich. Die Untersuchung zeigt, dass sich das Stiftungsgesamt bedingt durch die relative Autonomie der einzelnen Stiftung ein Ausscheren einzelner aus ihren traditionellen Kontexten leisten kann.
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