Der Schauspieler André Wilms hat bereits sein Jackett abgelegt. So sehr zehrt der Weg durch den Wald an seinen Kräften. Ein Wald aus akustischen Signalen, auf die er reagieren, denen er ausweichen muß. Gehetzt, unter Einsatz seines ganzen Körpers beginnt er zu sprechen. Im Stakkato preßt er einzelne Laute hervor: Sein Sprechen wird zu einem rhythmischen Sprechgesang.
Das letzte Wort John Bergers ist verklungen. Im Dämmerlicht rückt das Publikum zu einer gemeinsam lauschenden Menge zusammen. Ein Grundrauschen erklingt, ein Wind heult leise, kaum vernehmbar. Die Ohren stehen auf Empfang. "Turn the volume of the silence up!", weist der Moderator die Technik an. Und tatsächlich: Die Stille wird lauter.
Ein Gong läutet die nächste Runde ein. Männer mit schwarzverschmierten Gesichtern stehen im vor Hitze dampfenden Bauch des Schiffes. Der Seegang schüttelt sie. Das Schiff auf der Bühne ist ein Baugerüst. Die Wellen ein Klangstrom, der an- und abschwillt. Yank, alias Willem Dafoe, wendet sein schwarzes Gesicht zum Publikum und schleudert ihm einen gewaltigen Monolog entgegen.
Vier Szenen aus vier Inszenierungen der neunziger Jahre. In allen sind die Laute mehr als zufällig entstehende Geräusche - Nebeneffekte des Sprechens und der Bewegung der Schauspieler auf der Bühne. Die Klangdimension rückt in den Vordergrund, trägt und strukturiert das Stück. In der vorliegenden Studie untersucht Mareile Gilles, was wir wahrnehmen, wenn wir primär hören. Mit diesem Fokus auf das Auditive betritt sie innerhalb der Theaterwissenschaft ein bislang unerforschtes Gebiet. Zum ersten Mal liegt hiermit eine Studie vor, in der auditive Wahrnehmung, Gedächtnis, akustische Phantasie und die Wirkung von Stimmen analysiert und rückgebunden werden an die Rezeption konkreter theatraler Inszenierungen.
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