Der Status des Außenseitertums einer Minorität, die im besten Fall im 19. und 20. Jahrhundert zeitweilig kulturell und ökonomisch gleichberechtigt war, hat sich in die Schule hinein verlängert, damit werden auch Kanon und Lektüre beeinträchtigt. Deshalb lautet eine weitere These dieser Arbeit, dass die Anerkennung einer Religionsgemeinschaft nicht abgekoppelt von der Sichtung des deutsch-jüdischen Literaturkomplexes betrachtet werden kann. Ein Baustein dieser Erinnerungsarbeit ist die für die Sek. I und I aufbereitete Rezeptionsforschung und ihre Umsetzung für die Praxis.
Die Arbeit rekonstruiert die Dimension der Problematik, die mehrschichtig angelegt ist: Das Bildungskapital der jüdischen Aufklärung, der Gedächtnisliteratur, der Shoah und Holocaustliteratur, der Exil- und Remigrationsliteratur war epochenweise fast ausschließlich Thema der jüdischen Autoren, die ihr politisches und individuelles Lebensschicksal reflektierten und über die Brüchigkeit der deutsch-jüdischen Kultur zugleich ein literaturgeschichtlich relevantes Zeugnis formal, thematisch und motivisch ablegten. Doch für die Rekonstruktion des deutschsprachigen Judentums im Literaturunterricht ist oft nur der Ausgangspunkt der Diktaturjahre 1933-1945 zentral. Deshalb müsste ein Literaturkanon für den Schulunterricht und die Erstsemester der Germanistik und der Lehramtsstudiengänge die Thematik "Jüdische Literatur in deutscher Sprache" als Gegenstand der Jahrhunderte ebenso ernst nehmen wie den Holocaust als "kulturelles Erbe".
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