Wer den Vogel schießt. Das Schützenfest in einer sauerländischen Gemeinde.
Ute Glasmacher
ISBN 978-3-8325-1414-3
246 Seiten, Erscheinungsjahr: 2006
Preis: 40.50 €
Diese Dissertation ist die empirische Studie eines Festes, das als exemplarisch für eine lebendige Festkultur im europäischen Raum gelten kann. Das Schützenfest einer westfälischen Gemeinde wird hier als "champ", als autonomer Mikrokosmos im Inneren des sozialen Makrokosmos im Sinne Bourdieus (2000) gesehen. Die Arbeit zeigt auf, das sich Identität lokal verorten lässt, sofern man die Positionierung in einem sozialen Umfeld als bedeutenden identitätsstiftenden Faktor versteht. Das in der vorliegenden Arbeit beschriebene Schützenfest ermöglicht diese Positionierung durch Schaffung, Stabilisierung und Aufrechterhaltung sozialer Netzwerke. Ein Fest wie das Schützenfest kann als Instrument zum erfolgreichen Agieren regional geschlossener Lebensräume in einer globalisierten Gesellschaft gesehen werden: Es befriedigt das universale Bedürfnis des Menschen nach Ritualen; bietet ein ideales Podium für die Knüpfung, Stabilisierung und Veränderung sozialer Netzwerke; bringt örtlich, zeitlich und emotional Ordnung in den Jahresablauf der Teilnehmer; bietet dem Individuum die Chance, seine Stellung in der Gemeinschaft, in der er lebt, zu bestimmen und gegebenenfalls neu zu definieren und bietet die Gelegenheit zur Grenzüberschreitung, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Der Grad, in dem sich der Einzelne in das Geschehen einbringt, korreliert dabei mit der Menge der Regeln und Riten, die er kennen und beachten muss.
Im ersten Kapitel wird die besondere Bedeutung von Aspekten wie Fest, Heimat, Identität und Männlichkeitskonzepte für das Schützenfest aufgezeigt. Dann folgt eine Vorstellung der Untersuchungseinheit, in der die Feldforschung für diese Arbeit durchgeführt wurde. Das zweite Kapitel behandelt das Schützenfest als identitätsstiftendes Ereignis mit Blick auf die teilnehmenden Akteure, also die Schützenbruderschaft und die Festteilnehmer. Das dritte Kapitel beschreibt die Bedeutung des Schützenfestes als institutionalisierte Grenzüberschreitung und lenkt den Fokus auf das Ereignis, vor allem die zentrale Bedeutung des Alkohols. Im vierten Kapitel wird das Schützenfest als Spiegel der sozialen Beziehungsmuster, vor allem der Wandel der örtlichen Beziehungsgefüge und der Zugang zu Informationen als wichtigstes soziales Kapital, gesehen.